Ist WordPress eine Frau?

Thomas Scholz wirft die interessante Frage auf, ob man in der deutschen Sprachdatei für WordPress in Zukunft das generische Femininum nutzen soll. In Zukunft könnte aus also heißen: “Neue Benutzerin hinzufügen” anstatt “Neuen Benutzer hinzufügen” oder es ist im Backend nicht mehr die Rede von “Autor” sondern von “Autorin”.

Logisch und auch nachvollziehbar argumentiert er gegen Langvarianten wie “Neue Benutzerin oder neuen Benutzer hinzufügen” (schlechte Lesbarkeit) oder aber auch gegen sämtliche Varianten, bei denen Binnenmajuskel, Quer-, Binde- oder Unterstriche eingesetzt werden (hinderlich bzw. unlesbar für Screenreader oder Übersetzungsprogramme).

Seiner Schlussfolgerung jedoch, dann das generische Femininum zu verwenden kann ich nicht nachvollziehen.

Gleichberechtigung beginnt im Kopf, nicht auf dem Papier

Ich halte Diskussionen über die Umformulierung von Begrifflichkeiten für Augenwischerei. Nicht die Formulierung ist entscheidend, sondern die Haltung, die dahinter steht. Und die wird sich mit einer sprachlichen Umformulierung nicht ändern.

Umgekehrt drückt sich eine Haltung, wie die gegenüber der Gleichberechtigung von Mann und Frau, und um die geht es hier ja schließlich, nicht in der Benutzung oder Nicht-Benutzung von Wörtern wie “Benutzer”, “Benutzerin” oder “BenutzerIn” aus.

In der englischsprachigen Welt (vornehmlich sollen hier als Vergleich die USA, GB und Australien genannt werden) ist die Gleichberechtigung in den Köpfen ja nicht wesentlich weiter wie im deutschsprachigen Raum. Und das müsste sie nach der Logik dieser Argumentation ja sein.

Eine Diskriminierung wird durch die “Gegen-“Diskriminierung nicht besser

Die übliche Argumentation, dass die Formulierung “der Benutzer” Frauen diskriminiert, kann zudem doch nicht heißen, dann sagen wir ab heute “die Benutzerin”, denn das würde im Umkehrschluss ja eine Diskriminierung der Männer bedeuten.

Ein wenig erinnert mich das ja auch an meine beiden Jungs (3 und 5):

Sohn1: “Du darfst nicht mit meinem Bagger spielen.”
Sohn2: “Dann darfst du auch nicht mein Rennauto haben.”
Sohn1: “Ok.” Wirft den Bagger in die Ecke.
Sohn2: Lässt das Rennauto stehen.

Sohn1+ Sohn2: “Mama, uns ist langweilig, womit sollen wir spielen?”

In Anbetracht dessen wäre es gerechter man würde wohl die viel belächelte Umformulierung der Straßenverkehrsordnung in eine geschlechtsneutrale Form ernster nehmen, die ja so schöne Begriffe wie “zu Fuß Gehender” anstatt “Fußgänger” enthält.

Und ja, ich gebe es zu: auch ich habe gelacht, als ich das erste Mal davon hörte. Aber wenn man länger darüber nachdenkt fällt auf, dass es auch schon geschlechtsneutrale Begriffe gibt, die es in das Alltagsvokabular geschafft haben: “Studierende” anstatt “Studenten” bzw. “Studentinnen” zum Beispiel.

Die einzige wirkliche Lösung wäre demnach eine geschlechtsneutrale Formulierung. Wobei ich mir auch hier keinen Fortschritt in Sachen Gleichberechtigung erwarten würde — siehe mein oben angeführtes Beispiel der englischsprachigen Welt.

Fazit

Wahre Gleichberechtigung zeigt sich im Alltag, im Miteinander und nicht in einer Sprachdatei. Ohne mich zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen, aber ich halte eine Überarbeitung der Sprachdatei im Hinblick auf die Geschlechter für schlicht überflüssig.

Wichtiger und sinnvoller scheint mir die Konsistenz der Sprachdatei. Das Hin und Her zwischen “Artikel” und “Beitrag” nervt mich z.B. viel mehr, als die männliche Ansprache als “Autor” oder “Benutzer”.

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11 Kommentare

  1. Probleme haben manche 😉
    Ich hab mir da nie Gedanken drüber gemacht, ist mir auch wurscht, wie sie das nennen – Hauptsache, ich finde, was ich brauche 😀
    Ich denke, da gäbe es Wichtigeres an Verbesserungen, als solche Kinkerlitzchen an der Sprachdatei zu schrauben 😉

  2. Sehr schöne Stellungnahme! 🙂

    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand durch das hören eines maskulinen Nomens (beispielsweise bei der Berufswahl) das weibliche Gegenstück dazu gleichzeitig ausschließt.

    Ebenso wie der Sprachgebraucht ist auch der Sexismus Gewohnheitssache. Eine Diskussion zum generischen Femininum würde doch nur mehr Feuer schüren und eben genau diese beiden Lager noch weiter trennen.

  3. Sehe es wie Andreas, wenn man sich über so etwas ernsthaft Gedanken macht, hat man wohl nichts wichtigeres zu tun.

    Ansonsten stimme ich deinem Artikel voll zu, ich halte nichts von krampfhaft politisch korrekten Formulierungen. So was ist Blödsinn.

    Grüße
    Wolfgang

  4. Thordis, ich habe offen gestanden, keine Ahnung was du eigentlich kritisierst. Ich habe sehr deutlich geschrieben, dass ich diesen Vorschlag nicht als Gleichberechtigung ansehe, sondern nur als Zwischenschritt, um mehr Leute in die Diskussion einzubinden. Und diese Diskussion scheint dich ja nicht zu stören; im Gegenteil: Du beteiligst dich daran. Das bestätigt doch den von mir vermuteten Effekt. 🙂

    Für falsch halte ich die Trennung von Sprache und Denken: Wir denken in Worten; unsere Sprache ist der Rahmen dessen, was wir überhaupt denken können. Deshalb müssen wir sie entwickeln. Dazu gehören eben auch Schritte, bei denen wir im Voraus schon wissen, dass sie nicht sofort ans Ziel führen. Eine Übersetzung, die die sprachliche Inklusion einfach umdreht, wäre so ein Schritt.

  5. @Thomas
    ich halte diesen Zwischenschritt trotzdem nicht für richtig, da er nur eine Diskriminierung durch eine andere ersetzt. Das führt zwar zur Diskussion, da gebe ich dir recht, aber nicht zu einer Änderung im Sinne von Gleichberechtigung.

    Eine sprachlich neutrale Formulierung wäre die einzig konsequente Aktion.

    Wobei ich nach wie vor der Meinung bin, dass Sprache und Denken sich nicht so sehr einander bedingen, wie du es annimmst bzw. unterstellst. Mein Hinweis auf die englische Sprache und die dort auch nicht ausgeprägtere Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zeigt ja, dass es darauf ankommt was man denkt, wie man sich verhält, wie man sein Leben gestaltet, wie man seinen Mitmenschen (Männern und Frauen) begegnet.

    Ich glaube schlicht, dass die Sprachdiskussion von eigentlich viel problematischeren Feldern in der Beziehung zwischen Männern und Frauen ablenkt.

  6. Dieses Gehabe ist einfach mega-affig. Ich nutze in allen WordPress-Installationen die englischen Sprachdateien. Schon seit etwa 2 Jahren, nachdem ich beobachtet habe das so der Speicherverbrauch gesenkt werden kann.

    Das wäre ein weiterer Grund für mich zu wechseln. Man könnte auch einfach eine Lösung für beide Seiten finden – ein Auswahlfeld und zwei Sprachdateien (wie das mit “Sie” und mit “Du” ist). Aber dann gibt es wieder Leute, die in diese Sinnlosigkeit ihre Zeit investieren, in der sie im Park grillen, mit ihren Kindern was unternehmen könnten oder ein Buch einen sinnvollen Artikel auf ihrer Seite schreiben könnten.

    Ich kann es einfach nicht oft genug sagen: Wie sollten gemeinsam eine Rakete bauen. 💡

  7. Sehr schöner Artikel. Trifft den Nagel auf dem Kopf. Mich erinnert das Ganze an ein schriftliches Geständnis, nur um seine Ruhe zu haben. Was in den Köpfen tatsächlich für Gedanken herumgeistern, kann keine Richtlinie hinbiegen.

    Ein Statement noch zu den Worten Studierende und Studenten. Diese Wörter sind kein Ersatz für das jeweils andere. Studierende sind die Menschen, die gerade im Hörsaal sitzen und tatsächlich gerade lernen. Die also eine Tätigkeit ausüben. Das Wort Student sagt etwas über einen Status aus. Ein Student bleibt ein Student, auch wenn nicht gerade im Hörsaal sitzt. Ein Studierender hingegen ist kein Studierender mehr, wenn er nach der Vorlesung mit Freunden in der Mensa futtert.

  8. @Philipp Gensel:
    Dein Statement zu den Studenten kann ich nur 100%-ig teilen: dieses “Studierende”-Gerede nervt bisweilen ziemlich. Sagt ja eh jeder “Studenten” da draußen, in der “Nicht-Studenten-Bevölkerung”… 🙂 Also.

  9. Ich dachte eigentlich, unsere Gesellschaft wäre diesem Hin und Her zwischen femininen und maskulinen Bezeichnungen inzwischen entwachsen. Ich denke, dass das jeweilige Wort in der männlichen Form („Benutzer“ etc.) nach dem allgemeinen heutigen Sprachverständnis beide Geschlechter umfasst.

    Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass Frauen diese Problematik, die eigentlich keine ist, eher locker sehen. Nur die Männer sind wohl noch, als Nachwirkung des Feminismus der 1980er Jahre, so verschüchtert, verschreckt und mit schlechtem Gewissen behaftet, dass sie jetzt meinen, die maskulinen Begriffe am besten ausrotten und per Rundumschlag durch feminine ersetzen zu müssen.

    Ich behaupte, dass die Geschlechter heute in den meisten Bereichen weitgehend gleichgestellt sind (ja, es mag noch restlichen Anpassungsbedarf in Teilbereichen geben), und da ist es einfach albern, sich über die Geschlechtlichkeit bzw. Geschlechtsneutralität von Wörtern Gedanken zu machen.

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